Schizophrenie des Kindes- und Jugendalters

„Das ist ja voll schizophren!", hört man immer mal wieder im Alltag, wenn eine Äußerung oder ein Ereignis tiefstes Befremden in Menschen auslösen. Tatsächlich ist kaum eine psychische Erkrankung in der Gesellschaft mit so vielen negativen Stigmata besetzt wie die Schizophrenie. Häufig werden damit „gemeingefährliche Gewaltverbrecher" oder ähnliches assoziiert. Das Wissen in der Bevölkerung um die Erkrankung an sich ist nur gering vorhanden. Umso schlimmer, wenn Eltern in der Kinder- und Jugendpsychiatrie mit solch einer Diagnose bei ihrem Kind konfrontiert werden. Hier gilt es dann zunächst einmal, der Familie Psychoedukation zu bieten und so behutsam und umfassend wie möglich über das Krankheitsbild zu informieren, um oben genannte Vorbehalte und Vorurteile auszuräumen. Zuvor braucht es jedoch einen weiteren entscheidenden Schritt, der für die zukünftige Entwicklung des Kindes von großer Bedeutung ist: die Diagnosestellung einer kindlichen Schizophrenie. Diese gestaltet sich aufgrund des eher seltenen Vorkommens sowie der Überschneidung einiger Symptome mit anderen Krankheitsbildern bzw. normopathischem Verhalten im Kindes- und Jugendalter häufig schwierig.

Christian Eggers widmet daher genau diesem Störungsbild ein eigenes Buch. Insbesondere die große klinische Erfahrung Eggers', die in jedem Kapitel durch Zitate von Patientenaussagen oder der Darstellung von Krankheitsverläufen zu Tage tritt, lassen das Buch zu einem Schatz an Erfahrung für den klinisch tätigen Kinder- und Jugendpsychiater werden. Neben der allgemeinen Symptomatologie wird den kindlichen Denk- und Sprachstörungen ein eigenes Kapitel gewidmet, wobei beide Kapitel von klinischen Beispielen gespickt sind.

Es folgen Kapitel zur Diagnostik und Differenzialdiagnostik sowie zum Verlauf und zur Prognose. Herauszustellen im Kapitel zum Verlauf ist insbesondere die Darstellung der bisher einmaligen, eigenen Verlaufsstudie von Christian Eggers mit einer Nachuntersuchung der Erkrankten nach durchschnittlich 15 bzw. 44 Jahren, die frühe klinische Charakteristika und deren prognostische Bedeutung, eine Beschreibung der verschiedenen Krankheitsverläufe und die Auswirkung der Erkrankung auf psychosoziale Anpassung als auch die psychopathologischen Merkmale untersuchte.

Es folgen etwas kürzere Kapitel zu Frühentwicklung und Prodromen sowie zu Mortalität und Straftaten. Im Anschluss findet sich ein sehr ausführliches Kapitel zur Ätiopathogenese, in dem auf genetische, umweltabhängige, entwicklungsneurobiologische als auch psychosoziale Entstehungsbedingungen eingegangen wird. Darauf folgt ein Kapitel zur Therapie, in dem die verschiedenen therapeutischen Ansätze von Pharmako- über Familien- bis hin zu Psychotherapie kurz vorgestellt werden.

Etwas später findet sich zusätzlich ein eigenes Kapitel über tiefenpsychologisch-psychodynamische Aspekte der Schizophrenie. Drei weitere Kapitel stellen die pädagogisch-therapeutische Modelleinrichtung „Trialog" vor, die mithilfe der vom Autor gegründeten Stiftung realisiert wurde und eine adäquate Nachbetreuung der Erkrankten sowie deren Familien sichern soll. Hierbei findet sich auch ein Kapitel über die speziellen schulischen und beruflichen Probleme sowie die Rolle der Kunst und kreativer Prozesse im Rahmen der Erkrankung.

Ein eigenes Kapitel wird dem Stigma bzw. Antistigma der Erkrankung gewidmet. Sozusagen als „Sahnehäubchen zum Schluss" folgt ein Kapitel mit Stellungnahmen von Patienten über ihre Erkrankung und psychotische Episoden sowie die exemplarische Darstellung einiger Krankheitsverläufe.

Zusammenfassend ein Buch aus der Praxis für die Praxis mit einer sehr umfassenden und plastischen Darstellung der Schizophrenie im Kindes- und Jugendalter. Von besonderem Wert für den klinisch tätigen Psychiater sind neben der Gesamtschau auch der stets herauszulesende Optimismus des Autors und die Lenkung der Aufmerksamkeit auf die Ressourcen der Erkrankten.

Dr. Christina Breitbach, Ravensburg - Zeitschrift Psychopharmakatherapie